Seit fünf Jahren nun ist unser Haushalt autofrei. Am 17. Oktober 2014 „verstarb“ unser alter Fiat Brava an Motorschaden aufgrund eines defekten Keilriemens. Er hielt deutlich länger durch als erhofft: schon um 2008 herum hatten wir beschlossen, kein eigenes Auto mehr anzuschaffen, wenn das alte nicht mehr fahren würde. Aus diesem Grund gibt es übrigens seit 2013 auch eine Carsharing-Station in Bietigheim-Bissingen. Selbst haben wir die beiden Fahrzeuge dort wegen unseres Umzugs nach Nürnberg gar nicht mehr genutzt. Aber ich freue mich dennoch bei jedem Besuch, dass es mittlerweile sogar noch eine weitere Station am Bietigheimer Bahnhof gibt und etwas, was ich damals angestoßen habe, weiter gewachsen ist.
In der Großstadt Nürnberg verspüren wir nun sehr selten den Wunsch nach einem Auto. Um ehrlich zu sein: gar nicht. Zur Arbeit fahren N. und ich bekanntlich mit dem Fahrrad, sehr viele Strecken in Nürnberg selbst legen wir zu Fuß zurück. Ins Umland geht es mit dem ganz guten, aber natürlich verbesserungswürdigen ÖPNV. Die Bilanz hat sich seit dem ersten Jahr „Mobil ohne Auto“ eigentlich nicht merklich geändert. Und auch für weitere privateStrecken nahmen wir dieses Jahr bisher ausschließlich die Bahn. Im November lassen wir uns auf das „Abenteuer Nachtzug“ ein und reisen damit nach Rom.
Für den Lastentransport vor Ort nutzen wir seit Anfang dieses Jahres einen Fahrradanhänger von hinterher.com aus München und sind damit bisher gut zurecht gekommen. Gezogen wird das Ganze von meinem alten Pedelec. Auch wenn es vieleich etwas aufwändig erscheint, dieses Gespann aus dem Keller zu wuchten, geht das schneller, als ein Auto zu entladen und anschließend auf der Suche nach einem freien Stellplatz um den Block zu fahren und von dort wieder nach Hause zu laufen.
Das Leben ohne eigenes Auto ist also ein gutes Leben für uns. Weiterhin bleibt eher das Gefühl der Befreiung als der Einschränkung. Was fehlt zum Glück? Vor Ort eigentlich wenig, außer dass die aberwitzig vielen Autos in der Stadt – ob fahrend oder herumstehend – das Fortkommen für Radler und Fußgänger oft erschweren. Für weitere Strecken würde ich mir natürlich einen besseren öffentlichen Personenverkehr wünschen, um auch in Zukunft weniger zu fliegen. Die Reise nach Rom mit dem Nachtzug wird eine Generalprobe sein, doch die deutsche Bahn hat diesen Bereich ja mittlerweile komplett eingestellt, so dass sich von dieser Seite wohl in näherer Zukunft keine Verbesserungen erwarten lassen, sei es beim Regional- Fern- oder beim Güterverkehr. Auch die aktuelle Lektüre von Arno Luiks Buch „Schaden in der Oberleitung“ macht mir hier wenig Hoffnung – im Gegenteil: „Seit der Bahnreform im Jahr 1994, nach der die Bahn an die Börse sollte, handeln die Bahn-Verantwortlichen, als wollten sie die Menschen zum Autofahrer erziehen.“ Und eine tatsächliche Wende ist hier nicht mal ansatzweise sichtbar.