Stellt Euch vor, Ihr seid irgendwo eingeladen – sagen wir auf einen richtig förmlichen Empfang. Und der Gastgeber serviert Euch und den anderen Gästen sogar etwas zu essen. Was empfindet man da zu aller erst? Dankbarkeit vielleicht? Wenn das Essen rein vegetarisch wäre, würde Euch das stören? Nun, wenn jemand von der CSU, zum Beispiel Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ins Bundesumweltministerium von Barbara Hendricks eingeladen würde, dürfte er sich laut Äußerungen seiner Partei ideologisch bevormundet fühlen, weil er dort als Gast kein Fleisch serviert bekommen würde. Auf facebook machte die CSU gar gleich das Riesenfass auf und tönte von einem „Zwangs-Veggie-Day“ im Umweltministerium. Seht selbst:
Fleisch-Vebots-Front! Nur weil auf den Empfängen und Veranstaltungen im Ministerum eben fleischlose Kost angeboten werden soll. Die Springer-Presse zitierte den Landwirtschafts- und Ernährungsminister mit den Worten: „Mit mir gibt es keinen Veggie-Day durch die Hintertür“. Auch beim sogenannten „Veggie-Day“, der 2013 dank der Springer-Presse zu einer landesweiten Hysterie geführt hatte, war ich ja schon anderer Meinung als die CSU, wie wohl bei den meisten Standpunkten. Doch ich habe meine echten Zweifel, ob es hier noch um Meinung geht, oder ob da nicht etwas ganz anderes dahinter steckt. Der gleiche Minister Schmidt forderte ja bereits eine Schweinefleischpflicht für Kindertagesstätten (kein Scherz!) und scheint gerade mit der Bundesumweltministerium eine Art Kleinkrieg zu führen. Zur mittlerweile wieder eingstampften Bauernregeln-Kampagne zu denFehlentwicklungen in der Agrarpolitik aus Hendricks‘ Ministerium forderte er gar eine Entschuldigung von der Ministerin. Ich fand die Kampagne selbst ja ganz inspirierend, im Gegensatz zu dem trockenen Auftritt namens „Dialog Landwirtschaft“.
Natürlich wissen wir, dass die CSU auf die Wählerschaft aus Kreisen der Landwirtschaftsvebände angewiesen ist und diese nicht zuletzt deshalb einen gewissen Einfluss auf die CDU und CSU haben dürften. Doch was man aus dem Ministerium Christian Schmidt zum Thema Landwirtschaft und Ernährung zu hören bekommt, scheint über übliche Fleischfresser-Dogmatik noch hinaus zu gehen. Mich erinnern die Äußerungen schon fast eher an das Verhalten Süchtiger. Gibt es eine solche Sucht nach Fleisch? Selbst die härtesten Carnivoren sollten es doch für die kurze Zeit eines Empfangs in einem Ministerium einmal schaffen, für kurze Zeit mal kein totes Tier zu essen, sondern einen Salat oder eine Salzbrezel. Wie gesagt, eine „Bevormundung“ kann man doch bei einer Einladung nun wirklich nicht reden. Auf facebook habe ich der CSU vorgeschlagen, auf Empfänge ins Umweltministerium doch eine Leberkassemmel mitzunehmen. So sollte auch bei solch harten Fällen gelingen, dem Entzug wirksam vorzubeugen.
Ich esse selbst auch Fleisch, wenn auch deutlich weniger als in vergangenen Tagen. Aber am heutigen Sonntag zum Beispiel kam bei uns zuhause kein Fleisch auf den Tisch, auch keine Wurst oder Käse. Eier haben wir gegessen und Kuchen, vegan war die Ernährung also sicher nicht. Doch Angst vor einer Fleisch-Verbots-Front habe ich sicher nicht. Und ähnlich wie bei Diesel-Gate habe ich hier den Eindruck, dass bestimmten Politikern der Profit bestimmter Unternehmen um ein vielfaches wichtiger ist als die Gesundheit der Bevölkerung oder der Umwelt. Und davon vergeht mir echt der Appetit.