Vision Zero

Seit am letzten Dienstag die Germanwings-Maschine in den französischen Mittelmeer-Alpen abstürzte, sind in Deutschland etwa 55 Menschen im Straßenverkehr gestorben*. Doch ausser in den Lokapresse wird man kaum von ihnen lesen, außer den Angehörigen und anderer persönlich Betroffener wird kaum jemand um sie trauern, eine Trauerfeier im Kölner Dom erscheint abwegig.
Im Straßenverkehr sterben viel mehr Menschen als in der Luftfahrt. Die meisten davon sind Autoinsassen, aber auch Motorradfahrer, Radfahrer und Fußgänger sind betroffen. Und dennoch wird auf unseren Straßen weiterhin gerast, ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen scheint in weiter ferne zu liegen, ebenso wie Tempo 30 innerorts wohl weiterhin nur in begrenzten Wohngebieten zu finden sein wird. Und während über den Gesundheitszustand des Germanwings-Copiloten spekuliert wird, fahren in Deutschland weiterhin Menschen nach Alkohol- oder Medikamentenkonsum Auto, womöglich sogar krankgeschrieben und total übermüdet

Dabei gibt es bereits  seit den Neunzigern unter dem Titel „Vision Zero“ Konzepte, den Straßenverkehr sicherer zu machen, mit dem Ziel, in Zukunft einmal keine Verkehrstoten verzeichnen zu müssen. Diese Konzepte zeichnet sich vor allem durch zwei Grundbedingungen aus:

  • „Der Mensch macht Fehler. Das System Verkehr muss mit diesen Fehlern rechnen und sie verzeihen. Aus diesem Prinzip folgt, dass Verkehrssicherheit zur gesellschaftlichen Aufgabe werden muss, in die unter anderem auch die Automobilindustrie, die Bauverwaltung und die Versicherungen einbezogen werden.
  • Die Belastbarkeit des menschlichen Körpers werden zum entscheidenden Maßstab. Unfallfolgen dürfen auch im schlimmen Fall nicht mehr tödlich sein.“

(Quelle: VCD – dort ist auch der VCD Masterplan Vision Zero von 2009 zu finden)

Sind wir zu sehr „Autoland“, um diese realistische Vision Wirklichkeit werden zu lassen, hat uns der „Virus Auto“ wirklich so im Griff, dass wir zwar die 150 Toten des Germanwings-Absturzes betrauern, die Tausenden Straßenverkehrstoten uns gesellschaftlich  aber als Kollateralschäden akzeptabel erscheinen?

*Statistisch gesehen, mit Zahlen von 2014 gerechnet

Barcamp Berlin – mein Bericht

Letzten Freitag machte ich mich also auf den langen Weg nach Berlin, um das dortige Barcamp zu besuchen und ich darf gleich zu Beginn sagen: die Strapazen haben sich gelohnt. Dazu gehört sicher, dass die Zugfahrt von Stuttgart nach Berlin dank umstiegsfreier Verbindung schon mal bis auf wenige Minuten Verspätung problemlos verlief. Den Fußweg vom Ostbahnhof zu meiner Unterkunft, dem Motel One am Spittelmarkt, konnte ich nach dem langen Sitzen im ICE nutzen, um gleich mal die Gegend um den Veranstaltungsort, die Evangelische Schule Berlin Zentrum, zu erkunden.

Blick vom Hotelzimmer - Guten Morgen, Berlin!
Blick vom Hotelzimmer – Guten Morgen, Berlin!

Leider gab es krankheitsbedingt keinen offiziellen Vorabendevent am Freitag, aber dennoch haben sich einige Barcamp-Teilnehmer (und wie sich am Samstag herausstellte, auch jemand, der leider nicht mehr am Barcamp teilnehmen durfte, obwohl sicher noch genug Platz da gewesen wäre) im Cafe Bilderbuch in Schöneberg eingefunden. Dank geht hier an Sven für die Organisation des Abends. Es wurde ein sehr netter solcher mit vielen interessanten und freundlichen Bekanntschaften, inklusive eines gemeinsamen Besuchs bei Curry 36 zum Abschluss. Die Wurst dort hat mich eher enttäuscht (aber ich bin ja auch Wurstdurst-verwöhnt!). Immerhin war damit das Touristenprogramm auch abgehakt. Da ich mich für den Samstag als Aufbauhelfer gemeldet hatte, blieb ich dem Berliner Nachtleben am Freitag fern und fuhr zurück zum Hotel.

Die Ruhe vor dem Sturm
Die Ruhe vor dem Sturm

Der Samstag morgen startete ein wenig schleppend, weil versehentlich entkoffeinierter Kaffee besorgt wurde und sich die Zeit, bis das gelbe Lichtlein bei der ersten Maschine mit richtigem Kaffee anging, sehr lange hinzog. Doch nach dem Frühstück ging es dann mit leichter Verspätung endlich los, wir konnten in die Vorstellungsrunde (meine Hashtags waren dieses mal #Segeln #Mobilität und #Nürnberg) und die Sessionplanung einsteigen. Der Link zum Timetabler zeigt Euch die Vielfalt und Breite der angebotenen Sessions. Ich selbst hatte aber erst einmal eine andere Mission: da ich angeboten hatte, einen Session zum Thema „Schuhe binden und Seemansknoten“ zu machen, suchte ich erst einmal in der Umgebung nach ein paar Tampen oder ähnlichem. Die freundliche Dame in einem benachbarten Schreibwarengeschäft schenkte mir ein Stück Schnur, was mich zuerst, vor allem wegen der freundlichen Geste, sehr begeisterte.

Rettungsgerät
Rettungsgerät – Mißbrauch strafbar!

Aber in der Mittagspause zog ich nochmal los und kaufte in einem Supermarkt ein paar bunte runde Schnürsenkel, die letztlich zweckmäßiger waren. Die lange Rettungsleine an einem Rettungsring am Spreeufer war zwar sehr verlockend. Doch Vorsicht: Missbrauch strafbar!

Vorher ging ich noch in die „Web Development – Ask me Anything“-Session von @derrabus. Hilfreicher Input zum Thema Frameworks und IDEs.

Mittagspause #bcber 2015

Nach der Mittagspause (mit Einkaufstour, wie erwähnt) ging es gleich nochmal an die Spree, wo die Digital Media Women sich vorstellten. Schließlich galt es auch, das schöne Wetter zu genießen:

In der nächsten Session diskutierten wir die Zukunft der deutschen Industrie im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Welt. Für die dominierende Automobilindustrie sahen viele schwarz. Interessante Diskussion.

Wir binden uns die Schuhe
Wir binden uns die Schuhe

Anschließend folgte meine eigene Session „Schuhe binden und Seemannsknoten“. Etwas vorbereitet war ich ja mittlerweile, aber zum nächsten Barcamp bringe ich dann wohl richtige Tampen von Zuhause mit. Es war jedenfalls schön, in glückliche Gesichter von Menschen schauen zu können, die gerade den Palstek gelernt hatten oder ähnlich wie ich damals, endlich erfahren haben, dass sie ihre Schuhe bisher nicht ganz richtig geschnürt hatten, es aber jetzt richtig machen können. Ich denke, ich werde eine solche Session beim nächsten Barcamp wieder anbieten. Schließlich gibt es sogar TED Talks zu diesem Problem.

Verschiedene Katastrophenszenarien sowie Fluchtrucksäcke waren das nächste Thema. Wir durften Überlebensrationen probieren (Geschmackssache…) und diskutierten angeregt die verschiedenen Szenarien. Eine Zombieapokalypse wurde nicht thematisiert. Magnetische Stürme („Sonnenstürme“) erscheinen da durchaus als wahrscheinlichere Bedrohung für einen Kollaps der durchtechnisierten Zivilisation, wie wir sie derzeit kennen.

Nach dem Abendessen sprachen wir in einer sehr aufschlussreichen Abendsession von Jan Krämer über Schlaf und schauten anschließend noch ein paar TV-Serien-Empfehlungen an, wobei hier aber wenig interessantes für mich dabei war. Naja, auch bei Serien gilt: Geschmäcker sind verschieden. Dazu gab es übrigens (statt Bier…) gesponsortes Havelwasser, eine Mischung aus Weißwein und Birnensaft. Gar nicht mal so schlecht, wenn auch etwas zu süß.  Ich bin dann nach dem erlebnisreichen Tag auch wieder ohne erweitertes Nachtleben ins Hotel zurück, um mich richtig auszuschlafen. Das unten erwähnte Feuerwerk habe ich noch gehört. Note to Self: beim nächsten Barcamp Backup-Plan für Werwolf-Session bereit halten, falls Her Gassner wieder nicht vor Ort ist. 

#Berlin ist, wenn aus heiterem Himmel vor Deiner Kneipe jemand ein #Feuerwerk zündet. #bcber

Ein von Christian Wohlabe (@wohli_berlin) gepostetes Foto am

Am Sonntag ging es nach dem leckeren Frühstück und viel Kaffee wieder raus an die frische Luft, um gemeinsam mit @pepperman die „Zukunft der Energie“ zu diskutieren, wobei er uns auch hier schon für seine Folgesession zum Thema „Tesla-Boss Elon Musk“ anteaserte, die ich später ebenfalls besuchte. Etwas Wehmut kam bei mir in dieser auf, als ich Hermann Scheer im Filmausschnitt von „Die 4. Revolution“ sah.

Doch zuvor schaute ich mir noch einige erschreckende Fälle von User Bashing in der Session von @heikegallery an, in der man einiges über gutes und schlechtes Community Management lernen konnte. Zurücktrollen ist jedenfalls keine Option…


In meiner letzten Session von Susanne Ullrich und Bettina Thies stellten wir unsere Lieblings-Apps vor. Leider hat das Wlan für mich an dieser Stelle etwas geschwächelt, so dass ich mir Notizen machte, anstatt die Apps gleich auf das Smartphone zu übertragen. Aber es waren einige Anregungen dabei, unter anderem werde ich mal Allryder testen, obwohl deren Werbung auf Twitter eigentlich eher nervt. Daher auch kein Link an dieser Stelle. Nach der Abschluss-Session und dem Aufräumen stand mir noch die lange Rückreise bevor, doch dank der DVD von „The Secret Life of Walter Mitty“ verging auch diese Fahrt fast wie im Fluge.

Was habe ich bei diesem Barcamp gewonnen? Viele nette Bekanntschaften und vor allem wohl die Erkenntnis, dass es sich wirklich immer lohnt, eine eigene Session anzubieten, und wenn das Thema auch noch so abwegig oder gar lächerlich erscheinen mag. Bei meinen letzten beiden Barcamps hatte ich keine eigene Session angeboten und danach auch das Gefühl, dass irgendwie etwas gefehlt hat. Schön war auch, dass ich dazu beitragen konnte, einige Barcamp-Neulinge davon zu überzeugen, eine eigene Session anzubieten. Leider habe ich an keiner dieser Sessions selbst teilgenommen. Oft wünsche ich mir bei Barcamps, mich klonen zu können, um nichts interessantes zu verpassen.

Für mich war das Barcamp Berlin jedenfalls ein voller Erfolg. Vielen Dank an Jan Theofel für die Organisation und das Durchhalten trotz der angeschlagenen Gesundheit. Dankeschön auch an die Sponsoren des Barcamps.

Hier noch ein weiterer Bericht beim Sponsoren Brandwatch, dem ich dank der Ticket-Verlosung ja überhaupt erst zu verdanken habe, dass ich noch am ausgebuchten Barcamp teilnehmen konnte.

…beyond all recognition

Am siebten und achten März 2015 findet das vierte Barcamp Berlin statt und ich gehe hin! Als ich zum erstem mal von dem Termin hörte, waren die Tickets bereits ausverkauft, aber dank einer Verlosung beim Sponsor Brandwatch kam ich gerade noch an eine Eintrittskarte.

Nun habe ich Bekannten, Freunden und Familienmitgliedern erzählt, dass ich nach Berlin „zum Barcamp“ fahre und habe nicht selten in fragende Gesichter geblickt: „Barcamp?!“ Deshalb empfehle ich Euch das folgende kleine Video, in dem ganz gut erklärt wird, wie ein Barcamp funktioniert. Die Stimme in diesem Video stammt übrigens von Jan Theofel, der das Barcamp Berlin ebenso wie das Barcamp Stuttgart und viele weitere Barcamps organisiert und organisiert hat.

Etwas mehr zum Hintergrund dieser Veranstaltungsform einer „Unkonferenz“ findet man zum Beispiel auch bei Wikipedia. Für mich einer der spannendsten Aspekte: beim Barcamp soll es keine reinen Zuschauer geben, alle Teilnehmer sind dazu aufgerufen, genau dies zu tun,  nämlich teilzunehmen, indem sie zum Beispiel eine eigeneSession anbieten. Das Barcamp erinnert mich ,mit diesem „No Spectators“-Aufruf immer auch ein wenig an Burning Man, wobei sich in der Weite der Wüste von Nevada natürlich ganz andere Ausdrucksformen bieten.

Beitragsbild: Ausschnitt, by Josh Hallett from Winter Haven, FL, USA (BarCamp Orlando) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Was Scharfes am Samstag: Feuertopf im Ba Shu

Von Chinareisenden hört man immer wieder, dass es dort in Restaurants üblich sei, einfach für die entsprechende Menge an Personen Essen zu bestellen und dann eine Zusammenstellung verschiedenster Gerichte zu bekommen, bei der sich alle bedienen können, oft sogar an runden Tischen mit drehbarer Platte. Solche Tische gibt es zwar auch bei uns in einigen Chinarestaurants, doch die Karte bietet ein solch bunt gemischtes Menü meistens eher nicht.

Am Wochenende haben wir mit Freunden in Nürnberg aber eine Erfahrung gemacht, die dem chinesischen Vorbild wohl sehr nahe kommt. Wir besuchten das Ba Shu in der Südstadt, das sich der Küche Szechuans verschrieben hat. Dort waren wir schon öfter zu Gast, wählten bisher aber immer „normale“ Gerichte von der Karte, meist in Verbindung mit mehreren leckeren, hausgemachten Dim Sun. Dieses mal aber wagten wir uns zu fünft an den Feuertopf (vorbestellen!). Man könnte das Ganze wohl am ehesten mit dem Fondue bourguignonne vergleichen, wo verschiedene Fleisch- und Gemüse Sorten in Brühe oder Öl gegart werden. Beim Hot Pot im Ba Shu wird auf einem Kocher ein Topf mit zwei verschiedenen Brühen gereicht, in der einen Hälfte befindet sich eine mildere Brühe, in der anderen eine sehr scharfe und kräftig gewürzte. Anders als wir es vom Fondue gewohnt sind, werden die weiteren Zutaten – hier waren es Rind- und Hühnerfleisch, Garnelen und Tintenfisch sowie Pilze, Tofu, Kartoffeln und Chinakohl – einfach in den Topf hinein gegeben und nach dem Garen wieder mit kleinen Kellen herausgefischt und aus kleinen Schalen gegessen, zusammen mit zwei weiteren schmackhaften Saucen und frischem Koriandergrün. Das Prozedere empfand ich kommunikativer als wenn jeder seinen eigenen Spieß in die Brühe taucht und es machte und allen auch viel Spaß.  Man kocht quasi gemeinsam. Außerdem hat es wirklich sehr lecker geschmeckt, die scharfe Brühe ist in der Tat sehr „hot“, aber die Schärfe erschlägt den Geschmack der Zutaten nicht. Die andere Brühe bezeichnete der Kellner als „Variante für Europäer und Kinder“, sie war auch ok.

Der Feuertopf ist also eine absolute Empfehlung, das Restaurant Ba Shu sowieso, denn auch die anderen Gerichte und vor allem die unterschiedlichen Dim Sun sind sehr köstlich.

Zu dem Artikelbild, das ich von Wikimedia ausgeliehen habe, da ich kein eigenes im Restaurant gemacht hatte, vielleicht noch eine Anmerkung: dort scheinen wohl im Gegensatz zu unserer Erfahrung Spieße für die Fleischscheiben verwendet worden zu sein. Unser Topf sah allerdings ganz ähnlich aus und hatte auch diese „Yin Yang“-Teilung. Das Bild  basierend auf „MaLaTang“ von linan0827 – linan0827. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons

Aiga Rasch und die Drei ???

Ich gebe gleich einleitend zu, dass ich nie ein großer Fan der Drei ??? war, in meiner Kindheit und Jugend habe ich lieber Science Fiction als Krimis gelesen und auch die Helden von meinen Hörspiel-Kassetten hiessen eher Flash Gordon und Jan Tenner als Justus, Bob oder Peter. Dennoch haben mich die Bücher und Kassetten mit dem schwarzen Einband und den prägnanten Titelbildern natürlich auch begleitet, wie wohl die meisten meiner Altersgenossen. Wer erinnert sich nicht an den blauen Karpatenhund oder die unheimliche Gestalt auf dem Cover des „Phantomsees“. Recht überrascht war ich allerdings, als ich im November letztes Jahr Plakate für eine Ausstellung unter dem Titel „Aiga Rasch und die Drei ???“ in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen sah. Durch den Begleittext erfuhr ich, dass die deutschen Titel der erfolgreichen Jugendbuchserie fast ausnahmslos von der 2009 gestorbenen Stuttgarter Grafikerin und Illustratorin Rasch erstellt wurden und der Nachlass sich im Landkreis Ludwigsburg befindet, wodurch wohl diese Ausstellung möglich wurde.

Am Samstag war es nun soweit, ein Besuch der Ausstellung stand an. Und der Besuch hat sich wirklich gelohnt. Viele (sehr viele) der Cover werden ihren entsprechenden Entwürfen gegenübergestellt, man erhält einen tiefen Einblick in die Arbeitsweise der Illustratorin und in die Abstimmung mit dem Stuttgarter KOSMOS-Verlag, über produktionstechnische Hinweise der Urheberin. Überraschend fand ich, wie klein die Reinzeichnungen waren, nämlich zumeist in Originalgröße der Bücher, die Entwürfe selbst sogar noch viel kleiner, sie wurden von Aiga Rasch selbst als „Briefmarken“ bezeichnet und sind in der Tat nicht viel größer, haben vielleicht gerade mal Visitenkarten-Format. Von Comiczeichnern oder Karikaturisten kennt man das ja eher andersrum: die Originale werden meist großformatiger gezeichnet und erst im späteren Produktionsverlauf verkleinert.  Fünf Miniatur-Entwürfe dieser Art lieferte Rasch zumeist für jede Cover-Idee ab und hatte wohl in dieser Phase auch noch Einfluss auf die Titel der deutschen Veröffentlichungen.

Auch in die Entwicklung der „Drei ???“-Serie selbst liefert die Ausstellung einen Einblick, so werden auch amerikanische Orginalbücher gezeigt und an einem exemplarischen Beispiel die geradezu weltweite Verbreitung der Jugendbuchreihe verdeutlicht. Der US-Grafiker Ed Vebell spricht in einem Grußwort an die Ausstellungsbesucher und gewährt ebenfalls Einblicke in seine Arbeitweise, die mich mit einem Schmunzeln an die Arbeit von Stefan Dinter und Hans Guillermo Weidhofer für das Cover-Artwork von „Fornika“ von den Fantastischen Vier erinnerte. [Disclaimer: ich habe bei feedback media design gearbeitet, als dort 2007 das Artwork für das Album entstand]

Noch bis zum 22. März könnt Ihr Euch die Ausstellung in der Städischen Galerie Bietigheim-Bissingen anschauen – täglich ausser Montags. Der Eintritt ist frei und für Fans der Drei ??? eigentlich Pflicht, aber auch für andere an Grafik und Illustration Interessierte dürfte sich der Besuch lohnen, ich hatte jedenfalls viel Spaß.

[2015-02-24: kleinere Edits und Ergänzungen]

…hat sich allerdings nicht durchgesetzt

Ich hatte mir mal eine Uhr eines bekannten Schweizer Plastikuhrenherstellers gekauft. Die Uhr hieß „Webmaster“ und hatte als Besonderheit die Anzeige einer sogenannten Internet Time. Diese Internet Zeit mit dem gleichen Namen wie der Plastikuhrenhersteller wurde von Nicholas Negroponte  dem berühmten MIT-Professor, mit erdacht. Der Tag wird dabei in 1000 sogenannte Beats unterteilt. Dies macht das Rechnen mit dieser Zeit relativ einfach. Eine weitere Besonderheit  ist das Fehlen von Zeitzonen, was ich persönlich sehr praktisch finde und was auch eigentlich den größten Vorteil einer einheitlichen Internetzeit darstellt. Der „Null-Meridian“ der Internet-Zeit bezieht sich auf den Schweizer Ort Biel. Dreimal dürft Ihr raten, wieso ausgerechnet Biel. Damit deckt sich @0 dieser Internet-Zeit mit 00:00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (die mittlerweile im Volksmund auch „Winterzeit“ genannt wird).

Laut Wikipedia hat sich die Internetzeit des Schweizer Plastikuhrenherstellers nicht durchsetzen können. Dies könnte natürlich daran liegen, das es mit der koordinierten Weltzeit UTC schon seit vielen vielen Jahren so etwas wie eine einheitliche Weltzeit gibt. Auf technischer Ebene gilt sie im Internet längst als Standard, ebenso wie in der Luft- und Raumfahrt, der Seefahrt, beim Amateurfunk und vielen anderen Anwendungsbereichen. Für internationale Verabredungen oder Veranstaltungen ist UTC ideal. Eine weitere Verbreitung von UTC im Internet-Alltag fände ich deshalb erstrebenswert, alleine schon wegen der unterschiedlichen Beachtungen der Sommerzeiten weltweit. Es würde ja schon genügen, bei einer Uhrzeit den entsprechenden Abstand zu UTC mit anzugeben, so wie es die entsprechenden Normen ja auch bereits vorsehen. Gleichzeitig müsste nur noch eine gewisse Sensibilität bei den Usern hinzu kommen. Aber solange gerade in einigen angelsächsischen Ländern (USA, Kanada, Neuseeland und Australien) sogar noch an der 2-mal-12-Stunden-Zählung festgehalten wird, habe ich da relativ wenig Hoffnung.

Die Sinnhaftigkeit einer weiteren Internetzeit scheint jedenfalls nicht besonders hoch. Doch wenn man ehrlich ist, dürfte hinter der Einführung der Plastikuhren-Internet Zeit nicht zuletzt auch die Marketing-Abteilung des Herstellers gesteckt haben. Und für einen Werbegag kann man alleine die Länge des entsprechenden Wikipedia-Artikels eigentlich schon als respektablen Erfolg bezeichnen. Der Markenname hat über diese Internet-Zeit außerdem geradezu viral in Programmiersprachen wie zum Beispiel PHP Einzug gehalten.  Auch das eine respektable und nicht zu unterschätzende Marketing-Leistung. Der Hersteller hat die Hoffnung wohl auch noch nicht aufgegeben, dass sich seine Internet-Zeit durchsetzen könnte und und betreibt weiterhin eine Website zur Umrechnung – die allerdings recht umständlich zu bedienen ist.

Meine „Webmaster“-Uhr habe ich übrigens bei einer Paddeltour in der Verdonschlucht in Südfrankreich verloren. Ich hatte sie abgenommen (um die Ausleihzeit der Boote besser im Blick zu haben) und bei einer „halben Eskimorolle“ ging sie über Bord. Seemännisch war mir das auf jeden Fall eine Lehre. Aus nostalgischen Gründen habe ich später eine baugleiche Uhr im Internet per „Sofort-Kauf“ erneut erstanden.

Teilen vs. Sharing vs. Economy

Ich bin ein großer Anhänger der Teilen-statt-Haben-Idee, persönliche Erfahrungen damit habe ich bisher vor allem beim Stuttgarter Carsharing-Unternehmen Stadtmobil gesammelt. Aber einige Entwicklungen, die derzeit unter dem Buzzword-Etikett „Sharing Economy“ laufen, finde ich eher fragwürdig. Auch wenn ich selbst schon auf Angebote wie AirBnB zurückgegriffen habe, stelle ich mir schon die Frage, ob hier der Begriff „Sharing“ (also Teilen) überhaupt noch zutrifft. Letztendlich entsteht bei sehr vielen AirBnB-Vermietern der Eindruck, es handele sich um reine Anbieter von Ferienwohnung. Der Gedanke, die eigene Wohnung oder Teile davon bei Leerstand jemand anderem zur Verfügung zu stellen wird ja durch das gezielte Ankaufen solcher Wohnungen zum reinen Zweck der Vermietung geradezu pervertiert. Da dies letztendlich eine gewerbliche Nutzung von Privatwohnungen darstellt, wehren sich einige Städte mittlerweile auch gegen solche Modelle.

AirBnB scheint sich durch eine weitgehende Anonymität zwischen Vermieter und Mieter auch von Gastfreundschaftsnetzwerken wie zum Beispiel Couchsurfing zu unterscheiden. Beim Couchsurfing steht ja für Gäste wie Gastgeber neben der günstigen Unterkunft oft auch der kulturelle Austausch im Mittelpunkt. Damit befindet Couchsurfing sich für mich viel mehr mit dem ursprünglichen Gedanken des Teilens, da sich ja im Gegensatz zu AirBnB niemand extra eine Wohnung kauft, um dort Fremden einen Schlafplatz anzubieten. Bei Couchsurfing werden also vorhandene Ressourcen besser genutzt, eine tragende Säule des Sharing-Gedankens.

Ähnlich verhält es sich wohl beim Taxi- und Mitfahruntermehmen „Uber“. Viel wurde schon darüber geschrieben. Ich habe sogar schon von Leuten gelesen, die sich extra ein Auto anschaffen wollten, um sich, meist an gesetzlichen Regelungen vorbei, ein Einkommen als privater Uber-Taxifahrer zu verschaffen. Mit den ursprünglichen Mitfahrgelegenheiten, wo es ja auch um das Teilen von Kosten geht, hat das nichts mehr zu tun.

Am Beispiel Uber beschreibt Sascha Lobo die Auswirkungen der sogenannten Sharing Economy in seiner Spiegel-Kolumne recht zutreffend, wie ich finde. Er verwendet für solche Geschäftsmodelle den Begriff „Plattform-Kapitalismus“ und weist auch ausfühlich auf die Durchkommerzialisierung des Alltags hin.

Empfehlen möchte ich Euch in diesem Zusammenhang auch der Zündfunk-Beitrag „Teilen statt haben? Wie die Sharing-Economy unsere Wirtschaft verändert“ vom Bayrischen Rundfunk, in dem auch andere Teil-Modelle wie zum Beispiel die Creative Commons zur Sprache kommen.

„Commons“ – also Gemeingüter bilden für mich eine wichtige Säule eines zukunftsfähigen Umgangs mit den Ressourcen unseres Planeten, wogegen die immer weitere Kommerzialisierung und Privatisierung, wie wir sie unter dem Deckmantel der sogenannten Sharing Economy erleben, eher das Gegenteil bedeuten.

Hier ein Filmchen zum Thema Commons:

Und zum Schluss noch der „Sharing Song“ von Jack Johnson:

Umami

Wenn ich mich für einen Lieblingsgeschmack entscheiden müsste, würde ich wohl „umami“ wählen. Umami gilt neben süß, salzig, bitter und sauer als fünfte Geschmacksrichtung, die die Geschmacksknospen der menschliche Zunge wahrnehmen kann.

Die 1908 vom Japaner Ikeda Kikunae bechriebene Geschmacksrichtung übersetzte ich am liebsten mit „herzhaft“. Umami kommt als Geschmacksrichtung in der Natur vor, zum Beispiel in gepökeltem Fleisch oder gereiftem Käse wie Parmesan, aber auch in Gemüse wie zum Beispiel in reifen Tomaten, noch konzentrierter in getrockneten Tomaten oder eben Tomatenmark. Oft sind für den Umami-Geschmack in Lebensmitteln aber auch Geschmacksverstärker wie Mononatriumglutamat oder Hefeextrakte zuständig. Auch die als preiswerte Alternative zu Fleischextrakt ausgedachte Maggi-Würze oder das englische Hefeextrakt Marmite, das ich sehr liebe, schmecken vor allem umami.

Ein leckeres Gericht, welches ich im Herbst letzten Jahres im ZEIT-Magazin entdeckte und das seitdem immer wieder gerne bei uns auf den Tisch kommt, verbinde ich auch mit Umami: Rosenkohl mit Maronen und Speck. Das kann ich echt nur empfehlen! Die Autorin, Elisabeth Renner, kann sich übrigens auch in diesem Beitrag, einen Seitenhieb auf Vegetarier nicht verkneifen, aber bei denen hat sie seit ihrem Beitrag „Her mit der Wurst“ wohl eh keinen guten Stand!

Ebenfalls letztes Jahr, beim Fleisch-Fondue mit Freunden entdeckt: die Fertig-Grillsauce „Aromatische Lliaison“ von Rewe, die auf Tomaten (da sind sie wieder!), Balsamico und Erdnüssen basiert. Eventuell müsste man mal versuchen, ob man so eine ähnliche Sauce auch selbst herstellen kann.

Ich glaube, ich könnte zur Not auf bittres und saures verzichten, auf süßes und salziges wohl wohl weniger leicht, aber der Umami-Geschmack würde mir wirklich fehlen.

Das Beitragsbild basiert auf dem Bild von Georges Seguin – Getrocknete Tomaten auf dem Markt in Aix-En-Provence

Ein Hänger fürs Pedelec?

Seit November habe ich kein Auto mehr. Recht kurz nach der Ummeldung von Ludwigsburg nach Nürnberg ist der 18-jähre FIAT den Weg alles Irdischen gegangen, ein durch kaputten Zahnriemen zerstörten Motor zu reparieren oder zu ersetzen hat sich einfach nicht mehr gelohnt. Wir haben ihn verschrotten lassen.

In der Großstadt Nürnberg kommt man aber ganz gut auch ohne Automobil aus: da wir sehr zentral wohnen, ist vieles zu Fuß erreichbar, die öffentlichen Verkehrsmittel sind nicht die schlechtesten und außerdem nenne ich ja seit 2011 auch ein Pedelec mein eigen. Dieses hat die Zeit seit dem Umzug letztes Jahr zwar fast ausschließlich im Keller verbracht, am Samstag habe ich es aber mal zum Kundendienst bei einem Fahrradhändler um die Ecke gebracht. Und nun freue ich mich schon darauf, den Aktionsradius auch ohne Auto wieder erweitern zu können.

Damit einhergehend wurden die Pläne wiederbelebt, einen Lastenanhänger für das Fahrrad beziehungweise Pedelec anzuschaffen. Es gibt ja selbst bei den reinen Lastenanhängern eine große Auswahl. Ich bin noch nicht mal sicher, welche Form der Anhänger haben soll – eher das Modell „Oma geht Shoppen“ wie zum Beispiel der Royal Shopper von Andersen oder eher das Modell Einachsiger Bollerwagen wie zum Beispiel den Roland Big Boy in seinen verschiedenen Ausführungen. Windschnittiger und Leichter sind Einradanhänger wie zum Beispiel der Uno 100 von Aevon, aber ob diese Form auch alltagstauglich ist, zum Beispiel für Getränkekisten oder ähnliches, müsste man noch untersuchen.

Gibt es in der Leserschaft Erfahrungen mit Lastenanhängern fürs Fahrrad? Eure Meinung dazu würde mich jedenfalls sehr interessieren!

[Update 2015-01-26] Den „Hinterher“ finde ich auch ganz interessant.

Petition online: Streichung des „Gotteslästerungsparagraphen“

Bereits am Sonntag habe ich darüber geschrieben, dass der sogenannte „Gotteslästerungsparagraph“ eigentlich abgeschafft werden sollte. Nun ist die Petition, die der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Michael Schmidt-Salomon bereits kurz nach den Attentaten von Paris beim Petitionsausschuss des Bundestags eingereicht hat, endlich online.

Zur Begründung führt die gds unter anderem die Paradoxität des Paragraphen an, da er im Wortlaut religiöse Eiferer geradezu anstachle, militant gegen unliebsame Meinungsäußerungen wie etwa satirische Kunst vorzugehen, da nur so eine Störung des öffentlichen Friedens erreicht würde. Eine Auffassung, die übrigens wohl auch Joseph Ratzinger, der späteren Papst Benedikt XI, so teilte, wenn auch eher unfreiwillig, so Schmidt-Salomon. Allerdings plädierte dieser damals wohl dafür, den § 166 StGB zu verschärfen und schon die bloße „Beschimpfung“ einer Religion oder Weltanschauung unter Strafe zu stellen. Das dürfte in etwa die Richtung sein, die auch aus der CSU derzeit wieder angestrebt wird. Letztendlich wäre das die Aushöhlung der Prinzipien der freien Gesellschaft.

Heribert Prantl sieht in der Bestrafung von Gotteslästerung ebenfalls eine Aufforderung zum Faustrecht, was der Nachfolger von Ratzinger im Vatikan ja auch irgendwie bestätigte.

Hier nochmal der Link zum Mitzeichnen der Petition.