Vorsicht, durchfahrender Zug!

Vorsicht bei durchfahrenden Zügen ist in vielen kleinen Regionalbahnhöfen eine durchaus ratsame Übung. Die Züge des Fernverkehrs rasen hier gerne mal mit hohem Tempo durch, selbst so mancher Regionalzug hält nur im nächstgrößeren Bahnhof. Überrascht hat mich neulich jedoch das folgende Plakat im Stuttgarter Hauptbahnhof:

Sicher ist es nett von der Bahn, die Fahrgäste auf durchfahrende Züge hinzuweisen. Doch der Stuttgarter Bahnhof ist ein Kopfbahnhof. Züge können hier nicht einfach so durchfahren wie bei einem kleinen Regionalhaltepunkt auf freier Strecke.
Oder will die Bahn Reisende etwa darauf hinweisen, dass es solche durchfahrende Züge auch in Stuttgart eines Tages geben könnte, wenn der Kellerbahnhof Stuttgart 21 je fertiggestellt sein sollte? Daran erscheinen zwei Dinge seltsam: erstens wird Stuttgart noch für viele Jahre – auch während der geplanten Bauarbeiten für S21 ein Kopfbahnhof bleiben. Selbst wenn er jemals fertiggestellt werden sollte ist noch offen, ob die Gleise im Kopfbahnhof einfach so abgebaut werden könnten. Dankenswerterweise gibt es ja engagierte Menschen, die sich gegen die Stilllegung von Schienenwegen wehren. Und zweitens soll dieses „Infrastrukturprojekt“ (welches mittlerweile vor allem als Immobilienprojekt und großangelegte Geldverschieberei entlarvt wurde) ja auch der Anbindung Stuttgarts an die große Weite Welt (a.k.a. Bratislava) dienen. Und da sollte man ja schon hoffen dürfen, dass Züge wie der im Plakat abgebildete ICE auch weiterhin in Stuttgart einen Halt einlegen und nicht einfach nur durchfahren.

Plalate wie diese sollten also jeden Bahnkunden stutzig machen. Habt Ihr schon Ähnliches beobachtet?

Deklassiert? Gerne wieder!

Deklassiert Den abgebildeten Hinweis entdeckte gestern im Regionalexpress von Stuttgart nach Mosbach. Erst einmal klingt das Wort „deklassiert“ wirtlich harsch und unangenehm, doch in diesem Fall war es für die meisten Fahrgäste mehr als erfreulich: Der Wagen hatte die Ausstattung eines Erste-Klasse-Wagens, wurde aber – wohl aus betriebstechnischen Gründen – auch für Fahrgäste mit einem Fahrschein zweiter Klasse freigegeben. Doch bevor ich die Bahn zu sehr lobe: der Zug war leider trotzdem völlig überfüllt und die Freigabe war wohl der Not geschuldet. Im Stuttgarter Bahnhof kommt es ja wegen der S21-bedingten Entgleisungen und anschließenden Weichenarbeiten noch immer zu Zugverlegungen und -Ausfällen und der RE nach Mosbach fuhr auch von einem anderen als dem gewöhnlichen Bahngleis und wohl auch in einer anderen – wohl deutlich zu knapp bemessenen – Wagenkonfiguration ab.

Anyway, das ist mein „Fundstück der Woche“.

Steinbrück: der Mappus der SPD?

Was haben Peer Steinbrück, der „designierte“ Kanzlerkandidat der SPD, und Stefan Mappus, der ehemalige Minischderpräsident von Baden-Württemberg gemeinsam? Ich meine jetzt nicht die mutmaßliche (Steinbrück) oder nachgewiesene (Mappus) Nähe und Freundschaft zu Bankiers. Viel interessannter ist: beide wurden Ministerpräsident, weil ihr Vorgänger quasi „weggelobt“ wurde. Im Falle Steinbrücks war dies Wolfgang Clement, der seinen Posten als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen aufgab, um unter Gerhard Schröder Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu werden. Stefan Mappus‘ Vorgänger war Günther Oettinger, der 2009 von der schwarz-gelben Koalition als EU-Kommissar nach Brüssel entsandt wurde.

Weder Steinbrück noch Mappus wurden also vom Wähler in Ihr Ministerpräsidenten-Amt gewählt. Doch damit nicht genug: bei den darauf folgenden Landtagswahlen erzielten beide das jeweils schlechteste Ergebnis seit Jahrzehnten für ihre Partei. Steinbrücks SPD erreichte 2005 in NRW nur noch 37,1%, die Mappus-DDU bei der Landtagswahl 2011 in Baden-Würrtemberg 39%. Beide schickten ihre Partei in die Opposition. Im Falle Steinbrücks führte die Wahlniederlage sogar letztendlich zum frühzeitigen Ende von Rot-Grün im Bund, weil Müntefering und Schröder danach Neuwahlen anstrebten.

Und trotzdem bezeichnet die „ZEIT“ Peer Steinbrück in Ihrer aktuellen Ausgabe (41 / 2012) mehrfach als „Siegertypen“. Wenn so ein Sieger aussieht, wie sehen für die „ZEIT“ dann Verlierer aus?

Stuttgart 21 – weiter ärgern?

Am 29. September geschah auf dem Baustellenbahnhof in Stuttgart ein folgenschwerer Unfall. Gegen Mittag entgleiste auf einem Schienenstück, dass wegen Stuttgart 21 verlegt wurde, ein Intercity in Richtung Hamburg. Laut Medienberichten wurden mindestens 8 der 200 Fahrgäste verletzt. Bereits im Sommer entgleiste an der gleichen Stelle ein Intercity, insgesamt gab es seit Beginn der Bauarbeiten wohl schon fünf Entgleisungen. Bei den Abrissarbeiten am Südflügel des Bonatzbaus wurde eine 72-jährige Passantin verletzt, des weiteren wurden wichtige Dachträger beschädigt. Neben vielen kleinen Pannen sind weiterhin solche Unglücke zu befürchten. Der Verkehrsclub Deutschland zweifelt mittlerweile an der Sicherheit im Bahnhof Stuttgart und hält diesen für ein Risiko für die Fahrgäste (siehe Pressemitteilung des VCD). Die Deutsche Bahn sei „kein verantwortlicher Bauherr“, so der VCD.

Wie steht es eigentlich, zwei Jahre nach dem unverhältnismäßig harten und bis heute politisch nicht aufgearbeiteten Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlosspark, um das weiterhin umstrittene Tiefbahnhofprojekt in Stuttgart? Niklas Luerßen von zughalt.de gibt eine beeinruckende Zusammenfassung der aktuellen Lage – auch in Hinblick auf das Ergebnis der Volksabstimmung über den Ausstieg des Landes aus der Finanzierung des Projekts. Sein Fazit: “ Es steht zu befürchten, dass sich das Projekt hinsichtlich der Pannen und Kostensteigerungen im Endeffekt in die Reihe der Elbphilharmonie in Hamburg und den Großflughafen Berlin-Brandenburg einreihen wird.“ Und das sehenden Auges, noch bevor mit den eigentlichen Arbeiten begonnen wurde.